AWO Psychiatriezentrum Königslutter

AWO – In diesem Beitrag geht es um meine ganz persönliche Meinung/Feedback zum AWO-Psychiatriezentrum in Königslutter. Ich war hier Patienten vom 15.05.22-19.07.22 in Haus 09 – Psychosomatik.

Über die AWO hören wir ja sehr viel, vor allem wenn wir uns vorher erkundigen. Doch ich möchte dir etwas an die Hand geben, was mir wichtig ist: Mach dir ein eigenes Bild von dieser Klinik. Denn jede Station & jedes Haus ist anders aufgebaut und hat andere Konzepte.

Die Aufnahme

Ich stand schon seit März auf der Warteliste für einen stationären Aufenthalt in der AWO. Im April habe ich den Anruf bekommen, ich könnte meinen Aufenthalt antreten, jedoch war ich hier noch in der Medizinischen Hochschule Hannover, weshalb ich den Aufnahmetermin verschieben musste. So, wurde ich am 25.05 in Haus 09 aufgenommen.

Einen Tag vor der Aufnahme musste ich zum PCR-Test in die Klinik kommen, außerdem wurden meine Daten schon einmal erfasst. Somit ging es am 25. sehr schnell, ich musste mich nur kurz im Hauptgebäude anmelden und durfte schon zum Haus rüberlaufen. Im Haus selber wurde ich sehr freundlich empfangen. Dort hatte ich am ersten Tag sehr viele Gespräche, die mich schon ein wenig überfordert haben. Es lief aber alles sehr freundlich und ernst ab. Ja, ich habe mich tatsächlich zum ersten Mal seit meiner ganzen Odyssee mit den Krankenhäusern ernst genommen gefühlt.

Die ersten Gespräche

  • Arztgespräch: Hier wurden alle körperlichen Symptome, Erkrankungen & Erscheinungen aufgenommen. Der Arzt ist sehr freundlich. Ich bin sehr gut mit ihm zurechtgekommen & mit seiner Hilfe, haben wir sogar erkannt, dass ich auf ein bestimmtes Asthmamedikament reagiere. Medikamente wurden natürlich auch erfragt und aufgenommen. Auch kann der Arzt bestimmte Untersuchungen wie z.B ein Röntgen anfordern. Am zweiten Tag der Aufnahme wurde ein EKG gemacht, das fand im Haupthaus statt. Ich hatte auch Patienten dabei, die haben ein Langzeit Blutdruckmessgerät direkt vom Haus bekommen, ohne dabei ins Krankenhaus zu müssen.
  • Psychologengespräch: Danach ging es für mich zur Psychologin. Hier erzählte ich in „Kurzfassung“, weshalb ich in die Klinik gekommen bin, was in den letzten Jahren alles so passiert ist und wie es mir geht. Die Psychologin war auch sehr freundlich, hat stets zugehört ohne zu unterbrechen und einige Fragen gestellt, die für sie und die Aufnahme noch wichtig waren.

    Schwesterngespräch: Zu guter Letzt, hatte ich ein Gespräch mit der Stationsleitung. Sie fragte auch noch einmal einiges, was für die Aufnahme wichtig war, erklärte mir den Ablauf, Stadionregeln und zeigte mir mein Zimmer.

Das Zimmer in der AWO

Die ersten Tage habe ich in einem 3-Bett Zimmer verbracht.
Ganz anders als auf der Akutstation, haben wir hier richtige Betten gehabt, einen Nachtschrank, einen Schrank für die Klamotten, einen Tisch, Sofa, Stühle und ein Badezimmer.

Ich habe von anderen Mitpatienten gehört, dass Ihr Badezimmer auf dem Flur gewesen ist. Allerdings denke ich, kann man sich damit auch abfinden. Immerhin ist man ja nur eine begrenzte Zeit dort.

Nach ca. einer Woche konnte ich das Zimmer wechseln und bin in die untere Etage in ein 2-Bett Zimmer gekommen. Hier hatten wir sogar zwei Badezimmer. Eines war nur mit WC, Pissoir und Waschbecken mit Spiegel, das andere Bad hatte eine riesige Dusche dabei, mit zwei Schläuchen. Also theoretisch hätten wir sogar zu zweit Duschen gehen können, lach.

Die Zimmer wurden jeden Tag von einer Reinigungskraft besucht und gereinigt. An gewissen Tagen durfte nichts auf dem Boden stehen/liegen, damit auch dieser gereinigt werden konnte. Wenn auf den Ablageflächen auch alles weggeräumt war, dann wurde hier natürlich auch gewischt. Die Betten mussten wir aber selber beziehen. Ich finde, das ist auch kein Problem, denn wir sind ja alle Selbstständig genug um dies zu machen. 🙂

Das Essen aus der eigenen AWO-Küche

In der AWO gibt es tatsächlich noch eine eigene Küche, in der auch Mitarbeiter & Auswärtige essen gehen können/konnten (Corona). Es gab einen Wochenplan mit versch. Gerichten, aus dennen ich mir auswählen konnte, was ich zu Mittag essen mochte. Frühstück & Abendbrot wurde von dem Pflegefachpersonal in das System eingepflegt.

Es gab bestimmte Essenszeiten, zu denen das Tablett aus dem Wagen herausgenommen werden musste, um es gleich oder später zu essen, da sonst das Essen wieder zurück in die Küche gefahren wurde. Bei BET-Tagen (Belastungserprobungstagen) wurde das Essen abbestellt, sodass es nicht unnötig weggeworfen werden musste.

Ich habe selten Essen gehabt, was gar nicht geschmeckt hat. Klar, es ist nicht wie zu Hause oder im Sternerestaurant, allerdings kann man sich auch anstellen und an allem meckern. 🙂

Im Haus 09 gab es zwei Küchen, in denen wir uns auch selber Essen zubereiten konnten. Es gab einige Tage, an denen wir zusammen gekocht und gegessen haben. Selbst gekochtes schmeckt halt doch anders und außerdem kocht jeder anders. 🙂 Auch Backen war erlaubt, sodass wir häufig tollen Kuchen oder ein paar Kekse hatten. Eine Küche von den zwei war für die Menschen mit einer Essstörung. Denn eines der Schwerpunkte im Haus 09 ist die Behandlung von Personen mit Essstörung. In dieser Küche durften die anderen Patienten nicht kochen. In beiden Küchen konnten auch private Lebensmittel gelagert werden. Es gab mehrere Kühlschränke, sodass auch Wurst/Käse, was auch immer, haltbar bleiben konnte.

Der Eingang zum Haus 09

Weiteres aus dem Haus

Neben den Patientenzimmern (für 24 Patienten), den beiden Küchen, dem Schwesternzimmer, Arztzimmer und 3 Psychologen zimmern gab es auch:

  • ein kleines Wohnzimmer
    Hier konnten wir uns am Nachmittag/Abend aufhalten. Ausgestattet war das Zimmer mit Sofa´s, Sessel, einem Tisch, einer Flipchart und einem TV. Warum die Flipchart? In dem kleinen Wohnzimmer wurden Gruppentherapien abgehalten.

    ein großes Wohnzimmer
    Auch hier wurde Abends sehr gerne gemeinsam TV geschaut. Sessel, Tisch und Couch alles vorrätig. In dem großen Wohnzimmer fanden morgens um 7:30 die Morgenrunden statt. Hier hat man erzählt, wie man geschlafen hat, was man am Tag vorhat und wie es einem geht.

  • eine Terrasse
    Bei gutem Wetter hatten wir natürlich keine Lust drinnen zu sitzen, so hatten wir auch die Möglichkeit und raus auf die Terrasse zu setzen. Hier haben wir z. B. auch gemeinsam gegrillt.

    einen Garten
    Im Garten standen ebenfalls Sitzmöglichkeiten, sowie ein Raucherpavillon. Für Personen mit grünen Daumen besteht sogar die Möglichkeit, Blumen in einem Beet anzupflanzen. Hier draußen im Garten habe ich sehr viel Zeit verbracht. Meistens haben wir alle zusammen gesessen, erzählt, gerätselt oder Tischtennis, Volleyball o.a gespielt.

  • einen Keller
    Im Keller fanden die Körpertherapien statt. Hier gab es einen kleinen & großen Gruppenraum, sowie eine Kreativwerkstatt in der man sich frei auslassen konnte. Hier habe ich z.B auch das Häkeln gelernt 🙂

das AWO-Therapieangebot

Für die Körpertherapien sind zwei Physiotherapeuten und eine Ergotherapeutin zuständig. Von sportlichen bis kreativen Angeboten war alles dabei. Am Anfang der Therapie gab es eine Willkommensrunde, in der alles ganz genau vorgestellt wurde und bei der wir uns unsere Körpertherapien aussuchen konnten, für die wir fest eingeteilt wurden, wenn es möglich war. Natürlich konnten wir auch kurzfristig entscheiden, ob wir an dem Therapieangebot teilnehmen wollten und sind dann zur Therapie gegangen und haben geschaut, ob noch ein Platz frei ist. Dies war notwendig vor allem bei der progressiven Muskelentspannung, denn da hatten sehr viele Menschen Interesse daran, der Platz ist allerdings begrenzt, auch durch Corona.

Die Drei Fachkräfte aus der Körpertherapie, sind sehr nett, freundlich, kompetent und immer für einen Plausch offen. Ohne die Ergotherapeutin wäre ich vom Waldspaziergang nicht mehr Heile zur Klinik gekommen. Danke, nochmal an dieser Stelle.

Neben der Körpertherapien gab es auch einmal die Woche, es sei denn es bestand mehr Bedarf, ein Gespräch mit dem Psychologen. Zusätzlich gab es Gruppentherapien wie z. B. die Depressionsgruppe, in der wir viel über die Krankheiten gelernt haben und uns austauschen konnten.

Jeden Dienstag fand außerdem die Visite im kleinen Gruppenraum statt.

Zu der Therapie gehört meines Erachtens auch:

das Schwesternzimmer

Denn die Schwestern waren jederzeit verfügbar, für ein Gespräch, wenn es mir nicht gut ging. Sie haben stets zugehört und Tipps gegeben, waren immer freundlich und zuvorkommend. Natürlich wird morgens im Schwesternzimmer auch Blutdruck gemessen, gewogen, manchmal bzw. vor allem am 2. Tag der Aufnahme Blut abgenommen und das ganze Krimskrams. Doch das Pflegefachpersonal trägt wirklich sehr viel zur Therapie bei. Die Schwestern sind wirklich sehr kompetent und geben sich super viel Mühe. Sie haben auch mit uns Spiele gespielt, sind bei Bedarf auf die Patientenwünsche eingegangen und haben eigenen Gruppentherapien erstellt & durchgeführt.

Meine ersten Häkelversuche

die offene Station

Das Haus 09 ist ein offenes Haus, d.h du kannst jederzeit aber max. 3 Stunden am Stück herausgehen, wenn du möchtest. Dafür mussten wir uns aus einem Buch austragen, damit die Schwestern Bescheid wissen, dass wir unterwegs sind.

An dem Wochenende und/oder Feiertagen konnten wir BET (Belastungserprobung) beantragen und von morgens bis Abends, nach Hause, in Schwimmbad oder wohin auch immer gehen. Spätestens um 22 Uhr mussten wir allerdings wieder zurück sein. Dies ist natürlich von Station zu Station und Haus zu Haus unterschiedlich.

das Leben mit 23 anderen Personen

war erstaunlich leicht. Es gab kein Ärger, keine Auseinandersetzungen oder sonst irgendetwas Negatives. Wir haben uns alle sehr gut verstanden, waren eine ganz tolle Truppe.

Damit das Leben in einem Haus auch gut klappt, gab es auch eine Aufgabenliste, in der wir uns eintragen sollten, um z. B. einen Tischdienst zu erledigen. Denn du kannst dir vorstellen, nicht jeder räumt sein eigenes Zeug wieder auf oder fegt mal den Boden, damit alles ordentlich bleibt, gibt es dafür diese Liste.

Natürlich kann das auch ganz anders laufen, doch ich denke wirklich, man muss sich irgendwie versuchen darauf einzulassen. Es gibt immer jemanden, mit dem man reden kann, wenn man möchte. Am Anfang war das natürlich nicht leicht, vor allem weil ich von Haus aus einen sehr schüchternen Typ bin. Doch ich hatte eine Patin, die mich an die Hand genommen hat. Ja, es gibt ein Patentamt, die Person zeigt einem dann, das ganze Haus und ist für Fragen da. Wobei ganz ehrlich? Eigentlich kannst du jeden Fragen, der die über den Weg läuft. Denn jeder weiß, wie schwer der Anfang und die ersten Tage sind.

Fazit über das AWO-Psychiatriezentrum

Tatsächlich hatte ich sehr viel Angst vor meinem Therapieantritt in der AWO. Immerhin habe ich schon eine schlechte Erfahrung auf der Akutstation gemacht, woran ich wohl selber Mitschuld getragen habe. Ich hatte Bauchschmerzen, mir ging es gar nicht gut. Doch ich wurde so toll aufgenommen, von dem ganzen Personal und den Patienten, dass sich dies relativ schnell gelegt hat.

Ich kann wirklich sehr wenig aussetzen. Im Haus 09 läuft alles ganz gesittet und organisiert ab. Mir persönlich hat der Aufenthalt in der Klinik sehr viel gebracht, mich wieder stabilisiert und mir neue Hoffnung gegeben. Meine Diagnosen sind: emotional instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline, schwere Depressionen & binge eating.

Der Austausch zwischen Psychologen, Ärzten & Schwestern läuft sehr reibungslos ab. Sie arbeiten wirklich super im ganzen Team und es wissen immer alle über alles Bescheid. Sie haben Ihre Augen und Ohren überall 😉 Aber, genau das ist wichtig, um den psychisch Kranken Menschen zu helfen. Es soll niemanden diskriminieren oder ärgern, sie sind wirklich da um Hilfestellung zu geben. Das strahlen sie auch aus und man fühlt es regelrecht als Patient. Selten habe ich solche guten Übergaben gesehen und wie du weißt, bin ich sehr oft in Krankenhäusern unterwegs.

Wenn es wirklich nicht mehr gehen sollte, würde ich immer wieder in dieses Haus gehen. Ich bin sehr dankbar, für alle Angestellten, die sich sehr viel Mühe geben. Mir geht es seit der Therapie wesentlich besser. Ich habe viel über meine Erkrankung gelernt, wie ich besser damit umgehen kann und meine Emotionen zulassen. Ganz lieben Dank an alle!

Mein Tipp für Dich

Auch wenn es einem am Anfang schwerfällt, lass dich darauf ein und hol dir Hilfe. Schau dir die Kliniken an und überzeuge dich selber, anstatt dich von negativ Beurteilungen verunsichern zu lassen. Manchmal muss man sich einfach auf etwas Neues einlassen. Glaub mir, ich weiß, wie schwer das ist, ich habe lange gebraucht um einzusehen, dass ich Krank bin und Hilfe brauche.

Wichtig ist: Dass du dich in der Klinik wohlfühlst. Die ersten Tage sind immer in Begleitung von einem unwohl sein, wenn du dich nach deinem Aufnahmegespräch für diese Klinik entscheidest, geb Ihr auch ein paar Tage die Chance sich zu beweisen. Gerade in offenen Kliniken, kannst du jederzeit gehen, wir haben in Deutschland freie Klinikwahl.

Und noch etwas:

Es lohnt sich, sich die Augen öffnen zu lassen, um die wunderschönen Dinge des Lebens wiederzusehen. ♥

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